Vom Leuchten der Sterne – über Lichtverschmutzung und den Verlust der Nacht

Mit Lichtverschmutzung wird die Überlagerung von natürlichem durch künstliches Licht bezeichnet – natürliches Licht wird durch künstliches Licht verschmutzt. Lichtverschmutzung wirft die Frage auf, ob wir als Gesellschaft bereit sind, unseren Lebensraum mit nicht menschlichen Lebewesen, von denen wir abhängig sind, zu teilen.

Der Wechsel zwischen Tag und Nacht, Helligkeit und Dunkelheit ist seit Milliarden von Jahren ein wichtiger Taktgeber für uns, die Natur. Durch die Lichtverschmutzung werden Stoffwechsel, Hormonhaushalt und biologischer Rhythmus von Menschen, Tieren und Pflanzen erheblich gestört. Welche Folgen hat die helllichte Nacht?

Hier ein paar Beispiele:

  • Stadtvögel brüten früher als ihre Artgenossen auf dem Land – die jungen Vögel können aufgrund des noch fehlenden Nahrungsangebotes sterben.
  • Zugvögel, die unter anderem vom natürlichen Licht der Sterne geleitet werden, kreisen in ihrer Orientierung gestört über den Lichtglocken der Städte und verlieren dabei wertvolle Energie und Zeit, die sie eigentlich für Nahrungssuche, Fortpflanzung und Zurücklegen des Wegs benötigen.
  • Ebenso wie die 100 Milliarden (!) Insekten, die jährlich in Deutschland wie durch einen Staubsauger von Straßen- und Zierbeleuchtung angezogen werden und dort durch Erschöpfung oder Fressfeinde sterben. Da nahezu alle Wild- und Kulturpflanzen auf Bestäubung angewiesen sind, bringt der Verlust von nachtaktiven Insekten ganze Ökosysteme in Gefahr. Wir sehen sie fast nie, doch sind ca. 90 % aller in Deutschland lebenden Schmetterlinge Nachtfalter. Nicht umsonst wurde der „Braune Bär“ vom BUND zum Schmetterling des Jahres gekürt, der unter den Folgen der Lichtverschmutzung leidet. Für lichtscheue Insekten wiederum wirken die Leuchten wie unüberwindbare Barrieren, wodurch der genetische Austausch beeinträchtigt wird.
  • In Gewässern kommen Wasserflöhe normalerweise nachts in die Höhe geschwommen, um dort Algen zu fressen, was das Ökosystem in Takt hält. Ist es zu hell, kommen die Wasserflöhe nicht und die Algen können sich schnell vermehren.
  • Beleuchtete Bäume werfen ihre Blätter später ab, schalten später in den Wintermodus und sind dadurch Frostschäden ausgesetzt.
  • Auch wir Menschen leiden: Durch den gestörten Hormonhaushalt können Schlaf- und Stoffwechselstörungen entstehen.

Die gute Nachricht: Lichtverschmutzung und ihre ständige Zunahme ist ein Umweltproblem, das man eindämmen kann! Wichtig sind Lichtintensität und Lichtfarbe. Für die Farbe gilt: Je gelber desto besser. Licht, das warm ist und möglichst wenig Blauanteile hat (maximal 3000 Kelvin), verringert die Lichtglockenbildung in der Atmosphäre und die Anziehungskraft auf die Insekten. Dies ist gilt auch für LED-Leuchten, die zwar Energie sparen, aber dadurch nicht automatisch insektenfreundlich sind. Starke LEDs können sehr heiß werden, ein wirksames Schutzglas verhindert, dass Insekten verbrennen. Bedeutend sind auch der gezielte, zeitlich und räumlich begrenzte Einsatz. Das beste Licht ist das, das gar nicht brennen muss. Hier gilt es einen Kompromiss zu finden ganz nach der Devise: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Kommunen haben einen großen Gestaltungsspielraum und sollten mit gutem Beispiel und Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger vorangehen.

Entscheidend ist auch, dass wir eine neue Sicht auf die Dunkelheit gewinnen und sie als eine lebensnotwendige Ressource begreifen, deren Schutz es bedarf, ähnlich wie bei sauberem Wasser oder reiner Luft. Gemeinsam sollten wir dafür sorgen, dass eine natürliche Nachtlandschaft erhalten bleibt und zurückkehren kann. Der Blick in die Finsternis und die endlosen Weiten des Sternenhimmels führt uns bisweilen auch vor Augen, wie klein und verwundbar wir sind. Es ist ein Blick, der viel zu oft fehlt. Ein wertvoller, ein zumutbarer Blick.

Quellen (Stand 24.04.2021):